Psychodynamik im Coaching

Modul 5

ein Beispiel

„Das erste, was ich von Herrn M. hörte, war eine Entschuldigung. Er kam in meine Praxis zu einem Coaching-Vorgespräch: „Entschuldigen Sie bitte, ich weiß, ich bin fünf Minuten zu früh.“ Ich fand das seltsam, kommentierte es aber nicht, weil ich neugierig war, welche Geschichte sich wohl dahinter verbergen würde. Herr M. kam wegen der Folgen eines Burnouts. Er hatte jahrelang Überstunden abgeleistet, konnte schlecht Nein sagen und wurde deshalb weidlich ausgenutzt.Privat half er immer wieder bei der Renovierung des Hauses der Schwiegereltern und war auch noch als Fußballtrainer für eine Jugendmannschaft aktiv. Das war ihm zwar zu viel, aber er wollte die Jungen nicht enttäuschen.Im Gespräch fragte ich ihn nach einer Weile, warum er so Angst habe, andere zu enttäuschen. Denn das schien mir der gemeinsame Nenner seines ganzen anstrengenden Verhaltens zu sein. Zuerst kamen etwas lauwarme Erklärungen, dass er eben gern anderen helfe und Solidarität ein hoher Wert für ihn sei.

Ziele des Fachmoduls

Die erlebte Beziehungsqualität zwischen Klient und Coach der Haupt-Wirkfaktor und Voraussetzung für jeden schnellen wie nachhaltigen Veränderungsprozesses ist. Weiterhin sind Beziehungserfahrungen und ungelöste Beziehungskonflikte (beruflich wie privat) eines der - mindestens impliziten - Hauptanliegen im Coaching.

Immer wieder kommt es jedoch dazu, dass die Beziehung nicht stimmt. Die Klientin erlebt mit seinem Coach dasselbe Problem, wie mit den problematischen Konfliktparteien seines eigentlichen Themas. Der Coach reagiert mit einer (inneren) Abwertung der Klientin. Er nimmt sie nicht ernst. “Meine Klientin ist will das Problem eigentlich gar nicht lösen.”, “Sie ist noch nicht bereit.” oder “Sie hat noch nicht genug gelitten.” sind gängige wie gefährliche Rationalisierungen der Situation.

Ein Verständnis der dem Problem zugrunde liegenden Beziehungsdynamiken kann hier Abhilfe schaffen. Die Teilnehmenden lernen, im Coaching-Prozess auftretende starke Affekte als Teil der Thematik zu erkennen. Im obigen Beispiel ist der Coach bereits unbewusst in die Dynamik der Klientin eingestiegen und re-inszeniert gemeinsam mit ihr deren Thema. Im Modul IV lernen die Teilnehmer diese Muster zu unterbrechen und die enthaltenden Informationen für Coachingprozess nutzbar zu machen (Utilisierung).

Das Modul knüpft an die systemisch-zirkulären Coaching-Prozessmodelle der ersten drei Module an und fügt diesen das tiefenpsychologische Verständnis von Übertragung- und Gegenübertragung hinzu. Es ist Voraussetzung für den tieferen Einstieg in die Beziehungsdynamiken in den Modulen 7 (Paarcoaching und Mediation), 8 (Konflikte und Teams) und 10 (Familienthemen). In dem Modul geht es um eine Integration tiefenpsychologischer Verständnis in einen ziel- und lösungsorientierten Coachingprozesses. Dieser unterscheidet sich deutlich von Therapie oder dem “Graben in der Vergangenheit”.

Inhalte - zeitlicher Umfang: 18 Ustd.

  • Tiefenpsychologische Grundannahmen (Eisberg-Modell)
  • Warum uns die gleichen Probleme durchs Leben begleiten
  • Reinszenierung, Übertragung und Gegenübertragung
  • Wiederholungszwang (Freud) vs. Selbstaktualisierung (Rogers)
  • Beziehungsdynamiken und Verhaltensmuster früh erkennen
  • Das Modell der Ich-Zustände (Transaktionsanalyse)